Toolbox 2, Artikel zum Lesen und Ausprobieren
Dauer: ca. 30 min
Lernstoff:  Installiere dir deinen ersten VPN-Service

VPN’s sind Sand im Getriebe der Internet-Monopole

Ich war unschlüssig, ob ich VPNs mit in die Privacy Toolbox aufnehmen sollte. Die Anbieter von VPN’s und auch unseriöse Vergleichsportale suggerieren meist VPN = Anonymität. Das ist leider nicht richtig. Es gibt aber eine Reihe von sehr sinnvollen Anwendungsfällen für einen VPN-Dienst. Einer ist, deine Identität und deine Daten in öffentlichen W-LANs zu schützen.

Die Verwendung einer VPN-Lösung garantiert keine Anonymität im Netz.

Was ist eine VPN? Ein VPN erzeugt einen virtuelle, private und verschlüsselte Verbindung von deinem Endgerät zum Server des VPN-Anbieters. Man nennt das auch einen Tunnel.

Der VPN-Service ersetzt dann deine IP-Adresse mit der IP-Adresse des von dir gewählten Servers und ruft erst dann deine gewünschte Verbindung auf (z.B. eine  Website).

Wofür kann ich eine VPN benutzen?

(1) In öffentlichen W-LANs (z.B. im Hotel) ist eine VPN-Verbindung eine zusätzliche Sicherheit-Schicht, um deine Identität und deine Daten zu schützen, da die Daten dort sonst unverschlüsselt übertragen werden.

(2) Um künstliche Internet-Barrieren zu umschiffen

a) In autoritären Ländern wie China, Russland oder Nordkorea wird das Internet sehr stark zensiert. Die Möglichkeit sich im Internet frei zu informieren ist für die Bürger dort begrenzt. Dienste wie z.B. Facebook oder Google sind nicht erreichbar. VPN-Dienste können helfen, solche künstlichen, virtuellen Mauern zu überspringen.

b) Eine andere Art von Willkür aus dem kommerziellen Sektor ist, bestimmte Internet-Inhalte wie Videos, Webseiten oder Angebote aus Online-Shops nur Nutzern bestimmter geografischer Regionen freizuschalten. Das richtet sich gegen die ursprüngliche Idee eines freien Internets. So will YouTube vielleicht ein bestimmtes Musikvideo nur für US-Nutzer zeigen oder in einem Shop in Polen sind Produkte für Menschen aus Frankreich (unabhängig vom Versand) teurer.

Wie setzt man in dem Fall den VPN-Service ein?

Im Fall a) willst du der Geografie entkommen. Gehst Du z.B. in Moskau in einem öffentlichen WLAN ins Netz, bekommst Du eine IP-Adresse die der Geografie der russischen Föderation zugeordnet ist. Willst Du auf eine Website zugreifen, die von der russischen Regierung gesperrt wurde, kommst Du da nicht ran. Schaltest Du aber einen VPN-Dienst dazwischen und wählst z.B. einen deutschen VPN-Server aus, stellt der VPN-Service eine verschlüsselte Verbindung zum deutschen VPN-Server her, der tauscht die russische gegen eine deutsche IP-Adresse und schon kannst Du von dort auf zensierte Inhalte zugreifen. Naja, zumindestens solange, wie nicht auch die IP-Adressen aller VPN-Server, aller VPN-Dienstleister gesperrt sind 😉

Im Fall b) willst Du ja in die Geografie hinein und aktivierst einen VPN-Server der Region, in dem Du dir Inhalte ansehen willst.

(3) Um deine Internetnutzung stärker zu anonymisieren

Will ich nicht, dass mein Internetprovider (z.B. die deutsche Telekom) Buch führt, welche Webseiten ich besuche, kann ich das mit einem aktivierten VPN-Dienst verhindern.

Übrigens VPNs wurden ursprünglich für die Business-Welt “erfunden”, um von unterwegs auf ein privates Firmennetzwerk zugreifen zu können. Unternehmen stellen in der Regel Mitarbeitern, die im Homeoffice oder auf Geschäftsreise sind, einen VPN-Tunnel zur Verfügung. Sie können damit eine verschlüsselte Verbindung zu ihrer Firmenzentrale aufbauen und dort auf Anwendungen und Daten zugreifen.

Vertrauenswürdige VPN-Anbieter

https://mullvad.net/en/ ist ein schneller und smarter VPN-Service aus Schweden mit einem ernsthaften Fokus auf Transparenz und Sicherheit. Sie sind seit 2009 im Geschäft und bieten Clients für alle Plattformen. Open Source – Der Quellcode der Client ist bei GitHub hinterlegt. Letzter Audit von Cure53 am Dezember 2020.

Nachtrag 2022: Mullvad bietet nicht nur einen VPN-Service, sondern auch Schutz vor Werbung, Trackern und Maleware sowie eine verschlüsselte DNS-Verbindung.


https://protonvpn.com/ ist ein starker, neuer Spieler im VPN-Bereich, der seit 2016 in Betrieb ist. ProtonVPN hat seinen Sitz in der Schweiz und bietet ebenfalls Clients für alle Plattformen. Der Quellcode der Client ist bei GitHub hinterlegt. Letzter Audit von SEC Consult im Januar 2020.

Gibt es da noch andere? Ja, “Platzhirsche”, die ich früher genutzt und hinreichend getestet habe, sind NordVPN und ExpressVPN. Sie sind schnell, haben viele Server weltweit, aber erfüllen nicht alle Anforderungen eines vertrauenswürdigen Anbieters.

Noch mal ins Gewissen geredet …

VPN-Dienste bieten keine Anonymität durch das Verschleiern deiner IP-Adresse, denn die IP-Adresse ist nur noch ein kleiner Baustein unseres Online-Fingerabdrucks.

Die oft beworbene Verschlüsselung deiner Daten reicht nur bis zum VPN-Server. Der Weg vom VPN-Server zu deinem Zielserver ist genau so sicher oder unsicher, wie deine gewählte Verbindung.

Auch ist der größte Teil der Internet-Verbindungen beim Surfen im Web bereits (per HTTP, das kleine Schloss-Symbol im Browser) verschlüsselt.

Das Versprechen aller VPN-Anbieter einer sogenannten “No-Log”-Policy kannst Du nicht überprüfen.

Quellen, Tipps und Links zum Weiterlesen

PrivacyGuides, VPN Services, 01.11.2022

Sven Slotweg,”Don’t use VPN Services”, 05.05.2021

Dennis Schubert, VPN – a Very Precarious Narrative, 05.05.2021